Eine Woche wie damals
Fragt man Zeitzeugen, also Leute über 40, sagen die: 98 war ein geiles Jahr. Aber ist da was dran?
Unser Autor hat es einfach ausprobiert. Und so gelebt wie vor 20 Jahren.
Das Arschloch diese Woche heißt Janet Jackson. Durch einen schwarzen Würfel von Sony hat sie sich angeschlichen und beginnt dumpf und rauschend mit dem Lied „Together Again“. Auf dem hellgrünen Display steht „CD1“, und CD1 bedeutet nichts anderes als Track 1 der CD, die ich am Vortag eingelegt habe, um dann 20 Minuten lang in die Einstellung der Weckzeit zu investieren. Die CD, die da jetzt drinnenliegt, ist eine babyblaue „Bravo Hits“. Volume 20, Erscheinungsjahr 1998. Das Cover ist so designt wie eine Geburtstagstorte: quietschrosa Grundierung, glänzende Zuckerperlen und rote Kerzen. Eine Torte, die Menschen essen, die sich bei der Ladies Night im Cineplexx Donaustadt über die Dose Bosford Rosé freuen. Aber Janet die Schuld zu geben, ist nur die halbe Wahrheit: Vielmehr war es das leise Klicken, das der Radio macht, kurz bevor er losgeht, das mich geweckt hat. Er klickt jedenfalls, und dann, wenn sich die Scheibe zu drehen beginnt, macht es: „Tssssssss. Tssssssss.“ So hört sich das an. Nervig. Das, was ich als Nächstes zu hören bekomme, sind zarte Harfenklänge, dann die Stimme von Janet, und ich stelle fest, früher anscheinend zu viel MTV geschaut zu haben. Ihr Musikvideo sehe ich nämlich ganz deutlich: Jackson, ihre roten Haaren, die Türme, zu denen sie die zusammengebunden hat, ich sehe die Wüste und den Stein, auf dem sie sitzt, und auch den ziemlich großen Vogel neben ihr, der sich das alles unbeeindruckt anhört. Eine magische Szene.
Der Klang des Radios ist eine Provokation für verhätschelte Ohren, die nur noch Bose, Marshall und AKG kennen. Aber es gibt einen Sender, der auch durch alte Geräte genauso klingt, wie er klingen muss. Schnell rüber auf Radio Wien. Hach.
Erster Blick auf das neue Handy. Es ist ein Nokia und hat 17 Tasten. Niemand will was.
Zweiter Blick auf das neue Handy. Es ist ein Nokia und kann telefonieren, SMS schreiben und empfangen. Aber niemand will was.
Mit der U4 komme ich von zu Hause ganz gut in die Arbeit. Doch während ich durch die Station Spittelau schlendere, schießt es mir ein: Gab es die 98 überhaupt schon? Ich könnte jede Station des 65ers (den es übrigens nicht mehr gibt) auswendig aufzählen. Das ist schön, bringt mir aber nichts. Wie scheiße kann man eigentlich vorbereitet sein? Ich muss jetzt wissen: Darf ich hier einsteigen?
***
1998 war ich acht Jahre alt. In meiner Erinnerung hat sich mein Leben damals in etwa so abgespielt: Unter der Woche saß ich in einer katholischen Privatschule, von meinem Klassenzimmer führte, kein Witz, eine Wendeltreppe direkt hinunter in die Kirche. Nachmittags dann manchmal Fußball im Park, manchmal irgendwo draußen gemeinsam mit unserem Labrador Retriever Orso. Meine Eltern haben mir gesagt, Orso ist italienisch und heißt Bär. Ich hab das nie überprüft. Ich war als Kind ein bisschen tollpatschig und begann deswegen mit einer Art Koordinationstraining, das zufälligerweise auf einem Tennisplatz stattfand, jeden Samstag irgendwo draußen im 22. Ich hab seitdem jedenfalls sehr viel Zeit auf Tennisplätzen verbracht. Ansonsten sind meine Erinnerungen an diese Zeit eher vernebelt. Ich weiß nur noch, dass ich einmal, das muss ungefähr um diese Zeit gewesen sein, heimlich ein „News“ in die Volksschule mitgenommen hab, weil da Nackte drinnen waren und ich das so verrückt fand, also sich nackt in eine Zeitung drucken zu lassen, dass ich es allen zeigen musste. 13 Jahre später habe ich dann für dieses Magazin gearbeitet. Alles ganz nett, aber insgesamt ein bisschen wenig Vorbereitung auf so eine Woche.
Jetzt schon einen Fehler zu machen wäre peinlich. Aber: Internet gab es zwar, aber nur 19 Prozent der Österreicher waren schon im Netz, zumindest glaube ich, dass ich das jetzt so sagen muss. Oder im World Wide Web, im „WeWeWe“. Ich begebe mich auf die Suche. Nach einem Schild, das Antworten gibt, nach einem Menschen, der vielleicht damals schon hier war. Aber alles nicht so einfach. Der Mann am Dönerstand schneidet Tomaten, ignoriert mich. Der in der Trafik antwortet mit einer Gegenfrage: „Was hat’s 98 noch nicht geben, ha?“ Hm. Dann sehe ich noch einen jungen Mann, der ein Gilet trägt, auf dem „Service“ steht, und dessen Service ist, keine Ahnung zu haben. Heute gehe ich zu Fuß.
Endlich läutet mal das Handy, dieser Nokia-SMS-Ton, es klingt wie damals und es fühlt sich auch so an. Eine Vibration in der Hosentasche, so stark, dass es den ganzen Oberschenkel zusammenzieht. Die Arbeitskollegen sind ungeduldig: „Hast du zweite Stunde Sachunterricht oder wo bist du?“
Fleisch-Redaktion. Ich sitze an meinem Platz, gebe mir sehr eingeschränkt Internetzugang. Orf.at gab es zum Beispiel schon und sah eigentlich auch aus wie jetzt. Außerdem kann ich meine ICQ-Nummer (ICQ-Start war im November 1996) noch auswendig, was sehr super, aber auch sehr hinterfragenswert ist. Ich logge mich ein, scrolle durch die Liste. Bei jedem Einzelnen steht: „Zuletzt gesehen vor langer Zeit.“ Das Ding ist tot. Ich scrolle weiter, sehe User, wahrscheinlich Freunde, sie heißen „cHill0r“, „connymaus92“, „erklärbärni“, „Schranz patiient#“, „~!*!~SiNgLe~!*!~“. Verdammt, mit wem hatte ich da Kontakt?
Mittagessen, ich will mit zum Spar, aber nein, geht nicht, sagt der Chef. Da, wo jetzt der Spar gegenüber ist, war 1998 was ganz anderes. Er weiß nicht was, ich bin mir nicht sicher, ob das überhaupt stimmt. Alles nachzurecherchieren ist mir zu mühsam. Der Billa, der außer Diskussion steht, ist sieben Minuten weit weg, ich füge mich.
Die Sonne ist heute auf maximale Annehmlichkeit eingestellt. Bis auf dieses Experiment habe ich heute noch nichts gearbeitet. Überhaupt habe ich mit Ausnahme von Tennisstunden noch nie in meinem Berufsleben etwas ohne die ständige Nutzung des Internets fertiggebracht. Ich denke darüber nach, ob es da vielleicht einen Zusammenhang mit meinen kleinen, zarten Händen gibt.
Ich habe immer noch nichts gearbeitet, dafür den Chef sechsmal von der Tischtennisplatte gefegt.
Es gibt Menschen, die sich so gut wie nie aus ihrem natürlichen Habitat herausbewegen. Mein Freund J. ist so einer. Es ist unklar, wann er zum letzten Mal den vierten Bezirk verlassen hat. Heute tut er es auch nicht, er hat eingeladen, was gut für mich ist, weil ich mich in der Gegend auskenne und mich nicht durchfragen muss. Im Lift hat jemand etwas Obszönes mit einem Schlüssel ins Holz geritzt, beinahe Poesie, gut genug für eine Insta-Story, nicht gut genug für ein Foto mit der Analog-Einwegkamera.
Jeder weiß, was es zu essen gibt, jeder weiß, wer kommt, wann wer nachkommt oder nicht nachkommt. Ich habe kein WhatsApp und weiß gar nichts.
Ich lebe im Jahr 1998, die anderen beschäftigen sich damit. Auf dem Tisch liegen mittlerweile CDs von den Spice Girls, eine Compilation, die sich „Mega Mix“ nennt, und Lenny Kravitz’ „5“.
Emotionale Diskussion darüber, ob es die rote und blaue Version von Pokémon für den Gameboy 1998 schon gab.
Emotionale Diskussion darüber, ob es Mikrowellen 1998 schon gab.
J. bringt Sekt, erzählt, I. in London gefragt zu haben, ob sie heiraten will. Sie betont, dass es neben einer Mülltonne gewesen sein könnte. Es steht Sekt am Tisch. Wir freuen uns.
Ein paar Menschen haben sich mittlerweile daran erinnert, dass ich diese Woche nur per Anruf und SMS erreichbar bin. Während mich gedanklich eine SMS immer noch umgerechnet 25 Cent kostet, ich bei jeder Nachricht penibel darauf achte, die 160 Zeichen nicht zu sprengen, schmeißen die anderen nur so damit herum. Nach ein paar Worten drücken sie jedes Mal auf „Senden“, was es für mich nicht nur unglaublich unübersichtlich macht, sondern auch bedeutet, dass das kleine Nokia vollkommen durchdreht. Bevor ich herkam, hatte ich mir vorgenommen, die anderen väterlich zu ermahnen, wenn sie dauernd auf ihre Smartphones starren, aber der Einzige, der etwas zu hören kriegt, bin ich: „Hat das Ding keinen Lautlosmodus?“
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Die Redaktion war sich einig, dass ich dieses Experiment genau nehmen muss, ganz genau. Ein paar Anekdoten, ein bisschen Hey-ho würde diesmal nicht reichen. Es fielen irgendwann die Worte: „Halb Selbstversuch, halb Recherche-Stück.“ Einfach alles das aussparen, was es 1998 noch nicht gab, und auf das andere draufsetzen. Aber wie gesagt: Ich war erst acht. Und auch wenn Hirnforscher sagen, dass dauerhafte Erinnerungen bereits zwischen Ende des zweiten und Ende des dritten Lebensjahres beginnen (ich glaube, das war nicht mit der Recherche gemeint), ist da nicht so viel übrig geblieben.
Also begann ich zu suchen und vor allem zu fragen, was war da denn so 1998?
Meine Mutter, 58, analysierte treffend: „Das ist schon ziemlich lange her.“
Ein sehr guter Freund, 38, schrieb: „Ich hab damals schon viel Weizen getrunken.“
Und ein anderer Freund, 24, wusste viel, aber wurde als unglaubwürdig abgetan, er war ja damals erst vier gewesen.
Auf Facebook war das Ganze ergiebiger. Ich solle mir ein Tamagotchi und einen Discman zulegen. Running Sushi essen gehen und mir einen E-Mail-Account anlegen. Auf sauren Centershocks herumkauen, Moorhuhn und Pokémon zocken. Außerdem ins Ma Pitom essen gehen, einen Laden, den damals jeder in Wien kannte, den es aber heute leider nicht mehr gibt, was vielleicht ganz gut ist, weil er laut „Standard“ „keine kulinarische Offenbarung“ war. Und mich natürlich auch äußerlich ein bisschen anpassen: „Kauf dir einen Pager, Buffalos mit Absatz und eine Knopfhose.“
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Janet Jackson, der Adler, der sanft-dumpfe Beat aus dem Radio-Würfel. Seit es Social Media und Internet – zumindest zu Hause – in meinem Leben nicht mehr gibt, habe ich unheimlich viel Zeit. Ich gieße meine Pflanzen, hänge Wäsche ab, putze das Waschbecken. Vielleicht hat man 1998 einfach länger geschlafen.
Da wir gerade von Medien reden: Ich bin ein großer Fan des ORF-Teletexts. Besonders von Seite 111 (man muss ja mitreden können), aber ganz besonders von den Seiten 225 bis 229.
Mir ist langweilig und ich gehe viel zu früh in die Arbeit.
Zugegeben, ich bin eines dieser Opfer, die, wenn sie alleine unterwegs sind, kaum noch einen Meter gehen, ohne sich Kopfhörer in die Ohren zu stopfen. Andere Menschen zu hören, Straßenlärm, das Geräusch von einem fegenden Besen auf Asphalt, alles irgendwie besonders. Kurz vor der U-Bahn (nach eingehender Recherche bin ich mir sicher, damit fahren zu dürfen) fällt einer Mutter, die mit zwei kleinen Kindern unterwegs ist, eine Serviette auf den Boden. Der Wind weht und sie schafft es gerade noch so, mit ihrem Fuß auf sie zu steigen, bevor sie abschwirrt. Nun steht sie da, breitbeinig, ein Fuß auf der Serviette, der andere auf der Bremse des Kinderwagens, da kommt schon eine alte Frau, ein frustriertes Gerippe, Bürstenschnitt und dicke Brille, bleibt stehen und sagt: „No, do wird a nix draus wachsen, a wenn’s no länger unten liegt.“
In der U-Bahn flucht ein korpulenter junger Mann mit einem Stoffbeutel, auf dem „Nimm mich endlich“ steht, in sein Telefon. „Geh scheißen“, sagt er dann und legt auf. Der gegenüber, Kurzarmhemd und leicht eingegülbter Schnauzbart, nickt wohlwollend. Ich stehe daneben und genieße mich.
Für eine andere geplante Geschichte bitte ich einen Freund aus Deutschland per Mail um Hilfe. Schreibt man ihm auf Facebook, kommt innerhalb von Minuten eine Antwort. Mein E-Mail wird ignoriert. Auch ein zweites später. Ein Auslandsgespräch? Sprengt die Kasse.
Auch heute eine sinnlose Arbeitskraft, mache wenig bis gar nichts.
Ich habe zu wenig Zeug, um ein Leben, wie es damals war, zu simulieren. Also lade ich mich bei meiner Mutter zum Essen ein und hoffe in unserer alten Wohnung Dinge zu finden, die das können. Es wäre ein Einfaches, am Schwedenplatz einzusteigen und mit dem 1er in die Tiefen des zehnten Bezirks durchzufahren. Aber den 1er gab es damals so noch nicht. Eine Mischung aus Entspannung und Stimulation, das ist mein 98.
Um sechs Tennis mit F. im Prater ausgemacht, dort, wo diese nervige Touri-Bahn fährt. Bedeutet: U2-Station Prater. Bemerke: Auch die gab es natürlich nicht. Es ist der Horror.
Es gibt nicht viele Menschen, die ich kenne, die noch ein Festnetz in Betrieb haben. Freunde, die gleich um die Ecke wohnen, aber schon. P. hebt ab: „Pantzer-WG, hallo.“ Ich lache, er lacht, wir beide lachen. „Kann ich bitte den V. sprechen?“
Ich streite mit einem Kumpel am Telefon, ob Famagusta auf Zypern liegt oder nicht, und verbiete ihm sofort, im Internet nachzuschauen. Das Gespräch beende ich mit den Worten: „Melde mich.“
Die Freunde aus der Festnetz-WG und ich stehen vor dem U4. Das war am Dienstag Pflicht, sagten mir die, die damals schon alt genug waren, um fortzugehen. Eintritt 1998: 120 Schilling. Eintritt 2018: 10 Euro. Nicht viel rum also. Und wenn wir schon bei der Preisliste sind: schwarze Klobürste mit U4-Logo: 110 Schilling.
Ich glaube, die meisten hier waren 1998 noch nicht einmal auf der Welt. Kurz dachte ich vorhin sogar, ich bin der Älteste, hat mir gar nicht gefallen, war direkt trotzig, aber dann retteten mich drei, die vor 20 Jahren hier sicher gut funktioniert haben. Einer von ihnen, ziemlich groß und schlaksig, rot-schwarz-weiß kariertes Landstreicherhemd und schütteres, also wirklich schütteres Haar, das eigentlich ganz ab gehört, tanzt sich zu Robby Williams’ „Angels“ in Richtung einer Gruppe Gymnasiastinnen, blitzt aber schon ab, bevor er richtig da ist.
Ein Mädel, keine 20, getränkt mit süßem Parfüm, ist kurz davor, mir, während sie spricht, ins Gesicht zu kotzen.
Mein Handy läutet, ich fische es aus der Hosentasche, sie fragt: „WAS IST DAS, OIDA?“ Ich denke: „Eine Meisterin der rhetorischen Fragestellung“, und hebe ab.
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Wer zum ersten Mal sein Leben vom einen Tag auf den anderen nicht unwesentlich verändert, wird feststellen, dass selbst die trivialsten Dinge nicht immer ein und dasselbe sind. Die einzige Konstante momentan ist, wenn man so will, Janet Jackson. Glücklicherweise ist aber unsere Wohnung in Favoriten, in der ich aufgewachsen bin, an vielen Stellen so etwas wie ein Museum. Wir schmeißen einfach ungern Sachen weg, wer weiß, wozu wir sie vielleicht noch mal brauchen könnten. Und so sitze ich gegen Mittag im Wohnzimmer am selben Tisch wie vor 20 Jahren und schlinge Risi-Bisi mit Faschiertem mit einem Löffel in mich hinein (auch wie vor 20 Jahren). Vieles in meinem Zimmer steht noch genauso da wie damals, als ich ausgezogen bin. Und wer mich ein bisschen kennt, weiß, dass das bedeutet, dass vieles dann auch noch genauso dasteht wie 1998. Ich finde alte Videos, „Cap und Capper“ zum Beispiel, einer der, wie ich finde, herzzerreißendsten Filme aller Zeiten. Ich meine: die Freundschaft zwischen einem Fuchs und einem Jagdhund aufzuarbeiten, was für eine geniale Idee. Ich finde ein Rapid-Video aus einer Zeit, in der Rapid tatsächlich noch ernsthaft Fußball spielte – der Weg ins Finale des Cups der Cupsieger (so etwas wie heute die UEFA Europa League) 1995/96 –, und ich finde eine Kassette, beschriftet mit der präzisen Blockschrift meines Vaters – „HINTERHOLZ 8“, großes österreichisches Kino, das wir anscheinend direkt aus dem ORF auf die Kassette gezogen haben. Es war das Downloading der 90er.
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He, Janet, wie beschissen, dich jetzt schon zu hören.
Autofahrt nach Mödling, ein wichtiges Stück Mediengeschichte für dieses Heft holen. Heute wegen gestern seeeeehr müde. Um das gute Stück zu erstehen, hat Kollege Koffu Willhaben bedient, ich durfte ja nicht, abholen darf ich, wie großzügig.
Ich habe nach Mödling gefunden, war nicht so schwer, mein Vater wohnt in der Nähe. Aber jetzt stehe ich an einer Straßenecke irgendwo in der Nähe des Bahnhofs, links ein Billa, rechts die Freiwillige Feuerwehr, und denke mangels Navigationssystem darüber nach, aus welchem unsäglichen Material der gelbe Einband des Forstinger-„Städteatlas Großraum Wien“ in meiner Hand ist. Es ist etwas unangenehm Ledriges, genauso wenig italienisch wie ein Finanzbuchhalter auf einer Vespa. Na ja.
Ich bin 25 Minuten zu früh, wieso bin ich diese Woche immer und überall zu früh? Ich läute trotzdem, noch niemand da. Im Radio läuft „Knock-knock-knockin’ on heaven’s door“. Keine Pointe.
Zurück in der Redaktion. Ich trage eine schwarze Baumwolljogginghose von Nike und keinem fällt es auf. Ich bin nicht nur 1998, ich bin unsichtbar.
Ich habe aufgehört, auf alle SMS zu antworten. Ich bilde mir ein, dass der leicht stechende Schmerz in meinem Unterarm von der Bedienung der Tasten kommt.
Die Redaktion meint, dass ich die Woche kulinarisch auffetten muss. Daher fordere ich zu einem mittäglichen Ausflug in das altehrwürdige Restaurant Reblaus um die Ecke auf, an dem ich zwar schon oft vorbeigegangen bin, mich aber noch nie hineingetraut habe. Aber die Kollegen sind heute Kollegenschweine. Sie bestellen bei Foodora irgendein überteuertes fernöstliches Shi-Shi, von dem sie sicher nicht satt werden. Ich gehe alleine in die Reblaus.
Die Reblaus ist ein zauberhaftes Lokal. Ihr Motto ist, zumindest steht das hier:
„Gut essen und gut trinken
in gemütlicher Atmosphäre hält
Leib und Leben zusammen.“
Okay, das klingt zwar nicht nach Kant, aber man versteht immerhin sofort, was gemeint ist. Ich bekomme den ersten Tisch rechts, auf dem ein dunkelgrüner Kerzenhalter mit roter Kerze (unangezündet), eine kleine Vase mit weißer Tulpe und die klassische Dreier-Kombo Salz, Pfeffer, Zahnstocher steht. Im Raucherbereich war kein Platz mehr, was bedeutet, dass ich eindeutig auf der falschen Seite des Lokals sitze. Gebackene Champignons mit Sauce Tatar kosten 6,50 Euro.
Meine gebackenen Champignons werden mit „Sauce TRARA“ serviert. Ehrlich: Ich wäre enttäuscht gewesen, wenn sie es nicht gesagt hätte. Ein Gericht ohne Eleganz und Leichtigkeit, so wie hier angerichtet auch nicht formschön. Aber es schmeckt. Man kann diese vergleichsweise schlichten Mahlzeiten ja gar nicht genug hervorheben.
Es muss der Traum eines jeden Vegetariers gewesen sein. Weil die anderen vegetarischen Gerichte waren ja meistens: gebackener Emmentaler, gebackener Camembert und, das ging auch noch irgendwie so durch, gebackene Hendlstreifen auf Salat.
Es ist, als würde man einfach so in die Vergangenheit geworfen werden, in eine Zeit, in der alles noch gut war. Auf den Tischen hier gibt es keine Laptops und Smartphones, dafür aus Rattan geflochtene Sitzflächen, Gäste, die zum Suppentopf einen roten Sturm trinken und dann gleich noch einen, einfach so, weil sie es können. Kurz bevor ich gehe, erklärt gegenüber ein älterer Mann seiner Mutter bei einer Mehlspeise, dass die „Schasi“, eine nette Osteuropäerin, die auch am Tisch sitzt, ihre neue Bedienerin ist. „Aber weißt eh, Schasi, nach der Palatschinke weiß die Mama das gar nimmer.“
Nach einer halben Stunde (zweieinhalb) Mittagsschlaf vollkommen damisch.
Musste vorhin feststellen, dass meine Bankomatkarte wegen einem Knick im Magnetstreifen nicht mehr eingezogen wird. Im Gelbe-Seiten-Telefonbuch auf Seite 72, gleich hinter dem Teil „Bandagen u Bandagisten“, kommen Banken und Sparkassen. Während die Dame in der Hotline mir erklärt, dass eine Nachbestellung am einfachsten online ginge, und ich ihr erkläre, dass ich nicht online bin, bemerke ich einen vertrauten Geruch. Telefonbücher riechen wie die „Lustigen Taschenbücher“.
Das Wetter ist gut, richtig warm für Anfang Oktober. Freunde wollen ein letztes Mal an den Donaukanal. Aber ich sage ab. Meine Begründung: 1998 war dort nichts, nur Steppe, habe ich recherchiert. Außerdem kann ich mich, seitdem ich mir einen Game Boy Color (Release Ende 98) mit Tetris gecheckt habe, wunderbar alleine beschäftigen.
Es ist schon lange her, vielleicht habe ich es auch noch nie getan. Also bei einer Pizzeria bestellen, die einem ungefragt Flyer in den Postkasten wirft. Minutenlang versuche ich mir vorzustellen, wie die Küche dort wohl aussehen mag. Die „Tricolore“ ist mit 7,50 aber preiswert, und weil mir gar nichts anderes übrig bleibt, als telefonisch zu bestellen, gibt es ein Pepsi aufs Haus. Fuck Foodora. Zweimal heute.
Meine Hosentasche ist heute auf dem Weg zur Arbeit besonders ausgebeult. An meinem Schlüsselbund hängt ein zehn Zentimeter großes Stofftier, eine echte Kultfigur, ein Overperformer der besonderen Art in sämtlichen Kinderzimmern, eine DIDDLMAUS. Ein Tier, das zwar aussieht wie eine Maus mit Elephantitis, die aber trotzdem alle irgendwie süß finden.
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Anfang der Woche habe ich mich selbst dabei beobachtet, wie ich ununterbrochen mein Handy in der Hand hatte. Es war so, als ob ich mich richtig daran anhielt: in der U-Bahn, an Ampeln, vor Terminen. Was wirklich lächerlich ist, weil die meiste Zeit überhaupt nichts passiert. Mittlerweile hat sich das gelegt und es ist ein erhabenes Gefühl. Es beginnt mir immer mehr zu gefallen, wo hinzukommen und nichts zu wissen. Viele Menschen sagen, Ungewissheit sei das Schlimmste, ich glaube, ich liebe sie. Mein Leben ist plötzlich voller Überraschungen. Nur bei einer einzigen Sache weiß ich ein bisschen früher als sonst Bescheid: Wenn der Würfel-Radio, der mich seit einigen Tagen weckt, nämlich dieses Geräusch macht, das jeder kennt. Dieses „dadammtsss, dadammmts, dadammmmts“, kurz bevor ein Handy läutet. Ein einfaches Geräusch, das große Gefühle auslösen kann, weil es an eine tolle, weil verdammt sorgenfreie Zeit erinnert. Ich mag das, ich mag diese Woche.
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Das Wetter ist hervorragend. Und ich habe nicht nur eine Maus am Schlüssel, sondern endlich auch einen funktionstüchtigen Discman. Eine Riesensache. Aus dem Schrank suche ich eine dünne Regenjacke ohne Reißverschluss, eine Schlüpfjacke, könnte man sagen, mit einer wirklich großen Kängurutasche auf der Vorderseite. Discman rein, Kopfhörer rein.
Ganz vergessen, vielleicht auch bewusst verdrängt, dass das Ding kein Anti-Shock hat. Trage ihn wie ein Tablett vor mir her. Dahinter dröhnt Ace of Base mit „Life Is a Flower“ von der 21er-„Bravo Hits“.
Stelle per SMS eine kleine Nintendo-64-Mario-Kart-Runde in den Raum. Habe angefangen, Abkürzungen zu verwenden, für die ich andere verachte.
Feedback ist positiv. In der Arbeit bin ich immer noch nutzlos. Vorhin habe ich mich aber wieder kurz ins ICQ eingeloggt und J. dabei erwischt, wie sie tatsächlich kurz online war. Aber bevor ich den Chat starten konnte, war sie schon wieder weg. Ich wollte doch nur einmal dieses „Oh-oh“ hören.
Ich habe Supermarktkassierer immer in Verdacht, dass sie sich ganz genau ansehen, was wer kauft. Mehr noch: dass sie darüber richten. Viele sagen, das ist Blödsinn. Aber warum? Ich würde es nicht anders machen. Ich stehe jedenfalls mitten im Gewusel eines Billa im schönen Teil des neunten Bezirks und schäme mich für meinen Einkauf. Unbedingt, sagte man mir, Tiefgefrorenes in Säcken essen, Bami Goreng am besten. Gibt es nicht mehr, deswegen liegt jetzt zum Beispiel die Genießer-Pfanne der Sorte „Tortellini di Carne“ auf dem Laufband. Sie schwimmen, behauptet die Verpackung, in feiner Kräutersauce, was ein teuflisches Versprechen ist, das sich nicht erfüllt.
In der Straßenbahn lässt sich das ganze Elend der Digitalisierung gut beobachten. Es ist der Horror: Zehn von elf starren auf ihr Smartphone. Ich habe endlich aufgehört, bei jeder fucking Ampel mein Handy aus der Hosentasche zu holen. Ich stehe, schaue, mache gar nichts. Und habe eine perverse Freude mit mir und meinem Telefon.
Mario Kart: letztes Rennen im Special-Cup, 150-ccm-Klasse, Rainbow Road: Die Genießer-Pfanne hat niemandem geschmeckt, alle sind vom Mario Kart angestachelt. Vor dem letzten Rennen bin ich in der Gesamtwertung nur drei Punkte hinter B., der Rest ist abgeschlagen. Dann fahre ich in eine Bananenstaude.
Ich komme nach fünf Minuten und 47 Sekunden ins Ziel. Zweiter Platz. Zweiter auch insgesamt. Ich mag’s nicht, wenn ich nicht gewinne. Kann man jeden fragen.
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Irgendwann während dieser Woche stand ich abends, es war kurz nach halb eins, auf der Reinprechtstorfer Straße. Hier erlebt man die zwei Gs des Wiener Lebens: Glücksspiel und Gebab. Leider hatte ich die letzte Straßenbahn verpasst und für ein Taxi war ich zu geizig. Ich wusste, dass es schon längst Nightlines gab, 22 Linien stand irgendwo geschrieben, aber welche und wo sie wegfahren – keine Ahnung. Ich fühlte mich ein bisschen so wie Werner Faymann an dem Tag, als er plötzlich nicht mehr Kanzler war. Es gibt da nämlich so ein Gerücht, dass er, nachdem sie ihm den Fahrer weggenommen hatten, vor dem Bundeskanzleramt stand und nicht wusste, wie er am besten nach Hause kommt.
Eine andere Sache, die mich diese Woche stark beschäftigt, ist das Rauchen. Ich fühle mich schlecht, dieses Kulturgut der 90er einfach auszulassen, das geht eigentlich nicht. Das Problem ist aber, dass ich ein verdammt schlechter Raucher bin. Die einen sagen, ich schau dabei bescheuert aus, damit könnte ich leben. Aber dass ich nach jedem Lungenzug 20 Minuten lang alles raushuste, das ist das größere Thema. Wenn das nicht wäre, würde ich es diese Woche konsequent überall tun. Weil Österreich war (und ist) da schon ein bisschen speziell. Ich habe gelesen, dass damals schon fast alle bekannten Fluglinien ihre Flüge auf Nichtraucher umgestellt haben, die bei der AUA sagten aber: „Wir werden sicher nicht im Sog der anderen Fluglinien das Rauchen in unseren Flugzeugen verbieten.“
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Ein letztes Mal Janet Jackson? Ich bezweifle das. Ich feiere dieses Lied.
Es ist verdammt abgedroschen und erwartbar, aber man muss es halt doch sagen: Ich stecke zum ersten Mal in dieser Woche das Telefon an den Strom.
Ich gehe nicht gerne zum Frisör. Als Kind hat es mir zu lange gedauert, es war fad und am Ende war mir meine Frisur egal. Heute ist das zwar nicht mehr so, aber von Mal zu Mal wird der Moment schwieriger, wenn der Frisör oder die Frisörin mit dem großen runden Spiegel daherkommt. Weil so ein Hinterkopf mit Ende 20 von Mal zu Mal nicht wirklich dichter wird von den Haaren her. Der Frisör kann da nichts dafür, also sage ich dann immer: „Super, perfekt, nein, toll, wirklich toll, danke.“ Dann verschwindet der Spiegel auch wieder schnell. Meistens sind das auch die einzigen Worte, die ich nach der Begrüßung und der Anweisung „Überall bisschen kürzer und Ohren frei“ mit dem Frisör wechsle. Das ist mir so am liebsten. Ich mag das sogar so sehr, dass mir Funkstille dazwischen ein großzügiges Trinkgeld wert ist. Wie auch immer, heute suche ich etwas anderes. Deswegen stehe ich nicht wie sonst vor einem dieser anonymen Massenabfertigungs-Salons, in denen man nicht mal einen Termin braucht, sondern vor einem Laden, von dem ich weiß, dass es ihn vor 20 Jahren schon gab – und von dem ich erfahren habe, dass der Friseur da drinnen gerne, wirklich gerne redet. Es soll ja Leute geben, die behaupten, Frisöre wissen mehr als das Internet.
Der Name dieses Salons setzt sich aus dem Vornamen des Friseurs und „& Team“ zusammen, was wirklich lustig ist, weil es außer ihm kein Team gibt. Von außen sieht man eine Kunststoff-Sonnenblume, drinnen riecht es nach Färbemittel, und zwar so sehr, dass es einem fast die Haut abzieht. Während neben mir noch die Reste der nichtssagend mittelbraunen Haare eines bebrillten Rapid-Anhängers (er trägt so ein Lance-Armstrong-Plastikband in Grün-Weiß) weggefegt werden, blättere ich in einem dicken, alten Frisuren-Katalog, den ich zur Inspiration angefordert habe. Die Auswahl ist überwältigend. Ich entscheide mich für eine Frisur im hinteren Drittel des Buches. Die Person auf dem Foto, ein junger Mann mit weit aus dem Gesicht stehenden Wangenknochen, sieht damit nicht glücklich aus.
Nach 20 Minuten bin ich fertig. Ich sehe aus wie immer und nicht wie im Katalog. Dafür glaube ich jetzt zu wissen, dass Salons wie dieser der Ursprung eines jeden Gerüchts sein müssen. Ich würde gerne mehr verraten, wirklich, aber ich glaube, dass ich das alles besser nicht aufschreiben sollte.
Im Büro ist heute niemand, alle sind krank. Ich muss noch etwas abholen und leihe mir dafür das Rad vom Chef. Er, Mitte 40, sagt: „Fahr auf der Straße, ignorier einfach die Radwege, wie viele soll’s von denen in Wien damals schon gegeben haben?“ (Es waren gar nicht so wenige; im Jahr 2000 zumindest schon 835 Kilometer.)
Kindheitstrauma Radfahren. Von Onkel und Vater durch den Wald, über Passstraßen und durch Maisfelder gescheucht worden, jeder Tritt macht seitdem wütend. Franz-Josefs-Kai: links außen der Radweg, rechts außen ich. Stau. Die am Radweg fahren, ich taste mich langsam an den Autos vorbei. Sonst keine besonderen Vorkommnisse.
Keine Lust mehr, lasse Rad am Margaretenplatz stehen und gehe die letzten zwei Kilometer zu Fuß. Schreibe SMS an den Radbesitzer: „Radfahren ist noch stupider als Laufen.“
Komme am Rückweg radschiebend an meinem Stammlokal vorbei. Verwunderung. Nicht ob des Schiebens, eher ob des Fahrrads. Erfahre dann, dass in einer der WhatsApp-Gruppen gestern gerätselt wurde, ob man mir immer noch extra SMS schreiben muss. Muss man und tut man dann anscheinend
sogar.
Habe das Rad vom Margaretenplatz bis zum Karmelitermarkt geschoben und bin dabei mitten in der Fußgänger-Rushhour durch die Fußgängerzone gegangen. Das ist weit und dumm.
Abendessen mit L. Sie schlägt Burger vor, ich weiß, dass ich die eigentlich nur bei McDonalds essen darf, der Hype kam erst später. Ich kenne sie aber gut genug, dass ich weiß, dass die Chance besteht, sie um diese Uhrzeit leicht hangry zu machen. Also hungry und angry. Will ich nicht riskieren. Mache meinen (glaube ich) ersten Fehler ganz bewusst und bereue nichts.
Ich erkenne zwei Tischreihen hinter uns einen Mann, der mir schon am Mittwoch in der Reblaus aufgefallen ist. Stiernacken, laut, vulgär. Ein großkotziger Fettsack, der zum Kellner damals sagte, die Brokkolisuppn konn er si ghoiten. Jetzt sitzt er da, in einer unersättlichen Selbstgefälligkeit, und isst, nein, er frisst einen 14-Euro-Burger in sich hinein, als wäre es halb vier Uhr morgens im Mäci am Schwedenplatz.
L. und ich haben uns wirklich viel zu erzählen. Es sind diese Woche zwar ein paar SMS hin- und hergegangen, aber das war es auch schon. Jedes Mal wenn sie einen Satz mit „Hast du gehört“ beginnt, ist die Antwort ziemlich sicher Nein. Ich kenne keinen einzigen jenseitigen Tweet aus dieser Woche, ich weiß nicht, wer mit wem zusammen ist und wer nicht mehr, so richtig weiß ich ehrlich gesagt nicht einmal, wer Brett Kavanaugh ist. Könnte auch daran liegen, dass, wenn ich „ZIB“ geschaut hab, ich wegen meines neuen Game Boy Color ein bisschen (sehr) abgelenkt war.
Auf dem Heimweg sende ich meine letzte SMS: „Wusste es: Famagusta ist in Zypern, hab’s in der Bertelsmann Lexikothek nachgeschaut.“
***
Es ist Sonntagnachmittag, und während ich das schreibe, sitze ich aufrecht in meinem Bett und futtere Ketchup-Chips, die am Mittwoch übrig geblieben sind. Um mich herum sieht es dementsprechend aus. Das Übel an solchen Texten ist ja, dass die Conclusio für den Leser meistens enttäuschend, weil so vorhersehbar ist. Das ist auch dieses Mal nicht so einfach zu verhindern, weil, und das meine ich ernst, 1998 kein schlechtes Jahr gewesen sein kann. Das ist nicht gelogen und nicht übertrieben. Weil, natürlich, es gab auch ein paar Makel. Aber eben nicht nur:
Ich habe diese Woche über 400 WhatsApp-Nachrichten verpasst und keine davon war wirklich wichtig.
Ich habe Gespräche belauscht, die ich sonst nie gehört hätte.
Ich hatte manchmal das Gefühl, jede Menge zu verpassen, aber mir wurde gesagt, dass dem nicht so war.
Ich kenne jetzt den geschmacklichen Unterschied zwischen der Tortellini-Genießer-Pfanne und der mit Spätzle und hätte gerne auf beides verzichtet.
Ich habe mir erklären lassen, dass die Steigerung von einem Gerücht keine Lüge ist, sondern ein wirklich gutes Gerücht.
Ich habe kurz überlegt, die fliederfarbene und ziemlich kurze Reebok-Tennisshort meines Vaters anzuziehen, und mich dann doch dagegen entschieden.
Ich habe die Woche auch als eine Schonung von den Unannehmlichkeiten des Lebens erlebt.
Ich habe gelernt, dass es modern ist, Pullover ohne Shirt darunter zu tragen.
Ich hatte plötzlich mehr Zeit für mich selbst, wahrscheinlich sogar mehr, als gesund ist.
Ich habe (fast) ein ganzes Buch gelesen.
Ich habe mich, wenn auch nur kurz, mit meinem Distanzierungsversuch von der Moderne verdammt überlegen gefühlt.
Ich hatte endlich wieder viel zu erzählen.
Erschienen im Herbst 2018. Fleisch 49, bestellbar im Abo oder als Einzelheft unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!