Fellner TV schaut man ja eher selten, außer man ist Wolfgang Fellner oder der Ehemann von Gerald Grosz. Und wenn man doch Fellner TV schaut, dann achtet man darauf, dass man sich dabei nicht erwischen lässt, vom Sozialprestige her ist Fellner-TV-Schauen nämlich ungefähr auf einer Stufe mit Nasenbohren-und-den-Rammel-dann-essen. Wer Fellner TV schaut, der hat einfach zu viel Tagesfreizeit, eigentlich könnte er gleich zugeben, dass er das erste Vierterl noch am Vormittag ext und das Haus am liebsten gar nicht verlässt, außer, wenn das Internet ausgefallen oder die Kreditkarte so überzogen ist, dass der Mjam-Bote nichts mehr bringt.
Und doch gibt es Ausnahmen: Immer wenn die Politik ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt, darf man fernsehen, unironisch, und ohne jegliche Form des schlechten Gewissens. Wer in Zeiten politischer Instabilität vor dem Fernseher sitzt, der ist dann eben genau das Gegenteil des von der Welt abgewandten Eigenbrötlers. In Zeiten politischer Instabilität beweist man so, dass man sich für seine Umwelt interessiert, mit beiden Beinen mitten im Leben steht und sich um die Allgemeinheit kümmert. Man ist dann kein abgestumpfter Couch-Potato mehr, sondern ein aktiver Mensch. Aber selbst wenn der ORF an Wahltagen stundenlang sendet: Irgendwann ist im echten Fernsehen Schluss. Irgendwann haben die Filzmaiers und Armin Wolfs alles gesagt, sogar Martin Thür war dann schon dran und Ingrid Thurnher hat auf ORF 3 auch die Analyse des jüngsten Bezirksblatt-Redakteurs bereits gesendet. Wenn es so weit ist, bleibt einem nur noch Fellner.
Denn der sendet immer. Und wenn niemand mehr etwas zu sagen hat, dann kann er sich immer noch selbst interviewen.
Erschienen im Herbst 2019. Fleisch 53, bestellbar im Abo oder als Einzelheft unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!